noch ein Tag vor der Ewigkeit
Übersetzt von Rüdiger Fischer
SOMMER 2010
Die Wurzel der Kindheit
außer Atem
doch noch tief ihrer Erde verhaftet
dem dauerhaften Augenblick
Nacheinander die Jahrzehnte
Seit unvordenklichen Zeiten sind ihre Haare weiß
und dann
an jenem 10. Juli
als alles anfing
eine einfache Probe
So zahlreich waren sie
Sie schritt
sie stieg nacheinander
über die Toten hinweg
die Wurzel
noch immer da
im Ohr das Geheimnis der alten Eichen
An jenem 10. Juli
ein Anruf
sie erkennt ihn nicht mehr
sie hat jede Vorstellung
von Raum und Zeit
verloren
Unmöglich
bis dahin
hat sie durchgehalten
fast hundert Jahre
unversehrt der Geist
kaum
noch ein Jahr
nur eben ein Pfad
für sie die so weit
Jener 10. Juli
ein schlimmer Streich
des Schicksals
sie hat ganz anderes erlebt
so vieles
Dieser Anruft
kurz vor 16 Uhr
es ging dir schlecht
Wasserverlust
seit einigen Tagen war es heiß
Schlimme Erinnerungen
der Sommer 2003
der Großvater
die Hundstage
Sieben Jahre später
nein
du nicht
Du trinkst nicht genug
du mußt dir einen Ruck geben
das Wasser
lebenswichtig für den Körper
der dir lästig ist
an den du dich aber klammerst
ohne es wirklich zu wollen
ohne zu begreifen was du da tust
immer noch da
Deine Fragen
gemurmelt
wie nutzlos so ein Ufer zu erreichen
das hohe Alter
Müdigkeit
und doch
unerschütterlich
dein Widerstand
Wasserverlust
Gedächtnisschwund
ein Signal
Sofort
bin ich gekommen
Du warst im Speisesaal
mit deiner Infusion
deinem grauen Pullover
von dem du dich nicht trennst
Sie hatten dich dahin gebracht
weil es dort kühler war
Dein Zimmer
zu sehr der Sonne
ausgesetzt
Im Aufenthaltsraum
eine Klimaanlage
aber viel zuviel Lärm
für dich
die Einzelgängerin
Dieser Raum wohin sie euch alle
einstweilen brachten
Der Speisesaal
seine Kühle
seine Stille
Sie kannten dich gut
Einen Anschein von Ruhe
für dich
allein
Die du nie wagtest
nie fordertest
leicht zu erschüttern
Sie wollten daß du dich wohl fühlst
Dein auf einmal
so labiler Zustand
war bedenklich
Ich trat näher
wem würde ich begegnen?
Ich hab dich umarmt
wie gewohnt
Du hast mich nicht erkannt
Ich habe geweint
Du warst nicht mehr in dieser Welt
Schweigend
hab ich deine Hände ergriffen
Du
so vertraut
dein Blick am äußersten Rand
Etwas trennte uns
zum ersten Mal
Das trug dich fort
ich widersetzte mich
Wir beide
allein in diesem riesigen Speisesaal des Altersheims wo du ungern lebtest
seit vier
viel zu langen Jahren
Du hast dich nie
ans Leben in der Gemeinschaft gewöhnen können
Da waren wir
zusammen
ohne es doch zu sein
eingeschlossen
in diesem Julinachmittag
in diesem Niemandsland
unsre Hände hielten einander
du warst weit weg
sehr weit
unermeßliche Entfernung
wie bei einem Aufbruch
Ich wollte nichts wissen
Deine Hände umfaßten meine
du hast meine Handteller gestreichelt
und dann auf einmal
wie durch ein Wunder der Haut
deine Worte
„Oh
die Gedichte
oh
die Gedichte!“
Ich hatte sie geschrieben
du hattest sie gelesen
Der Faden an dem du zurückfandest
Die Erinnerung an diese Gedichte verwandelte deinen Blick
Ihr Gesicht trat dir wieder vor Augen
du sahst sie wieder
sie
allein
Ich betrachtete sie in deinen Augen
sie glänzten
belebten sich
du sprachst mir von ihr
wunderbares Loblied
Zartheit eines Herzens das in seine Spur zurückfand
Ich sagte dir zwar
daß ich
jene Frau war
du wolltest davon nichts hören
Da gab es nur sie
deine Enkelin
als wolltest du daß ich
auf sie stolz sei
ich die Fremde die du sieztest
Wenn du von ihr sprachst
erhellte sich dein Gesicht
dein Lächeln kam zurück
ich fand dich wieder
unmöglich dir zu sagen
Die Tränen des Schlimmsten
So hast du weitergesprochen
und dann
hast du sie vergessen
Nach kurzem Schweigen
bist du wieder fort
in eine andere Welt
(...)
In der S-Bahn zurück nach Paris
fielen mir deine Worte
ohne Ordnung wieder ein
Wie solltest du die Übernachtung in einer Privatpension bezahlen wo du doch kein Geld dabeihattest?
Vergebens sagte ich dir man würde sich im Seniorenheim darum kümmern
du wolltest die Kontrolle über dein Schicksal behalten
Manchmal fragtest du dich
der Wunsch zu begreifen
wo das Wissen
und seine Hindernisse
Deine letzten Rituale
hinter dir gelassen
War es Zeit in den Speisesaal zu gehen?
Zwischen Untersuchungen und Spritzen
lösten sich deine Orientierungspunkte auf
du klammertest dich daran
Du schienst dich auf einmal zurückzusehnen
nach jenen alltäglichen Bewegungen
auch jenen die dir lästig waren
wie diese Abendessen wo man sich beeilen mußte um der nächsten Schicht Platz zu machen
dieses beschleunigte Zu-Bett-Gehn
wo du doch früher so sehr den Rhythmus des Lebens genossen hattest
Jetzt mußtest du einem Takt gehorchen
der dein Wesen veränderte
das alles
nahmst du unaufhörlich
auf dich
diese Last
für wie lange
In den Zwischenräumen
vertrautest du dich an
Jene Augenblicke, da sie euch zu Bett brachten, gaben dir das schmerzliche Gefühl, daß sie eine Horde von nun störenden Körpern loswerden wollten. Einer davon war deiner. Du sahst, wie du allmählich in jener unförmigen Masse untergingst, wo die Zeit alle Unterschiede aufhob, abgesehen von den weißen Haaren. Aus den offenen Türen der Zimmer quollen die Züge einer übermäßigen Ähnlichkeit. Leicht mit dem Nichts zu verwechseln. In dem man versinken konnte. Und doch war jeder in seinen Erinnerungen. Die am tiefsten Vergrabenen tauchten auch, wo niemand sie ahnte.
Entlang einer Bahnlinie liegengebliebene Geschichten. Endlose Reise. Jeder in seinem Kielwasser. Zwischen den Gleisen. Ein Stein. Ein winziger Kiesel. Der alles trug. In dem Augenblick sehen lernen, wo man nichts mehr sah. Was tun? Schreien. Wie einige es taten. Diesen Stein jenen ins Gesicht schleudern, die ihnen entgegenkamen, oder ihn wie du so fest halten, daß der Schmerz schließlich durch die Stille drang.
Die Erinnerungen auslöschen
an nichts mehr denken
vor sich hin starren
Herzergreifend diese leere Seite
die bereit ist den Schlußpunkt aufzunehmen den eine Hand fieberhaft mit letzter Kraft zu verhüllen suchte
(...)
20. Juli
Scheinbar
außer Gefahr
An diesem Tag
bin ich nicht hingegangen
Das war der erste Abend
seit jenem Tag
Das Telefon verband uns
Nur eine zarte
müde Stimme
(...)
2. August
An diesem Abend
erzählte ich ihr von einem Gedicht
zu dem sie mich angeregt hatte
Hohes Alter
Schmerz des Ufers
Das fand sie schön
aber nicht gut
Man kann nicht begreifen
was die Zeit
Man muß es erreicht haben
vielleicht sollte man nie
Daran denkt man nicht
wenn der Atem
ein Nektar sammelnder Schmetterling
Alles ändert sich
an dem Tag
wo er uns die Vorzeichen
seines Aufbruchs zuflüstert
Hohes Alter
schlimmes Omen
Auf ihrem Gesicht lag ein eigentümliches Licht
Sie fühlte sich wohl
ich war da
Selbst wenn ich
irgendwas sagte
(...)
Bevor ich zu ihr ging
war ich in eine Buchhandlung gegangen
Die Rufe aus einer anderen Zeit
und doch
anderswo
früher
ein Dichter
Seine Worte
wie Samen
auf meinem Weg
"In unserm nächsten Dasein
werden wir uns hüten
Mann oder Frau zu sein
wir werden zwei Wildgänse sein
hoch oben dahinfliegen
von weitem werden wir
die blendenden Schneefelder sehn
die roten Staubwolken der Welt
als ob wir nie
dort unten gewesen wären“
Das Gedicht von Nguyen Khac Hieu
erzählte
viele Geschichten
Immer dieselbe
Ich wollte es ihr so gern vorlesen
Und unsre lautlosen Schritte
der Schmerz des Nichts
(...)
Encore un jour, l'éternité - Divers extraits
Traduit en allemand par Rüdiger Fischer
Été 2010
La racine de l’enfance
À bout de souffle
Mais encore profondément enracinée dans sa terre
Dans l’instant qui perdure
Une à une les décennies
Depuis la nuit des temps elle a toujours eu des cheveux blancs
Alors
Ce 10 juillet
Ce jour où tout a commencé
Une simple épreuve
Elles furent si nombreuses
Elle a traversé
Surmonté
Un à un les morts
La racine
Toujours là
Le secret des vieux chênes à son oreille murmuré
Ce 10 juillet
Un appel
Elle ne reconnaît plus
Elle a perdu la notion
De l’espace
Du temps
Impossible
Elle a tenu
Jusque là
À l’aube de la centaine
L’esprit indemne
Encore une année
À peine
Juste un sentier
Pour elle qui a parcouru
Ce 10 juillet
Un mauvais tour
Le destin
Elle en a vu d’autres
Bien d’autres
Cet appel
Un peu avant 16h
Tu allais mal
Déshydratation
Depuis quelques jours il faisait chaud
Mauvais souvenirs
L’été 2003
Le grand-père
La canicule
Sept ans après
Non
Pas toi
Tu ne bois pas assez
Il va falloir que tu fasses l’effort
L’eau
Vitale pour le corps
Ce corps qui t’encombre
Mais auquel tu t’accroches
Sans vraiment le vouloir
Sans comprendre ce que tu fais là
Encore là
Tes interrogations
À murmurer
L’inutilité d’atteindre pareil rivage
Le grand âge
Lassitude
Et pourtant
Inébranlable
Ta résistance
Déshydratation
Perte de mémoire
Un signal
Aussitôt
Je suis venue
Tu étais dans le réfectoire
Avec ta perfusion
Ton pull gris
Ton inséparable
Ils t’avaient mise là
Il y faisait plus frais
Ta chambre
Trop exposée
En plein soleil
Le salon
Climatisation
Mais bien trop bruyant
Pour toi
La solitaire
Ce salon où ils vous mettaient tous
En attendant
Le réfectoire
Sa fraîcheur
Son silence
Elles te connaissaient bien
Un semblant de quiétude
Pour toi
Seule
Celle qui jamais n’osait
Ne réclamait
Toi qui chavirais
Elles voulaient que tu sois bien
Ton état
Soudainement si précaire
Inquiétait
Je me suis approchée
Qui allais-je rencontrer ?
Je t’ai embrassée
Comme à l’accoutumée
Tu ne m’as pas reconnue
J’ai pleuré
Tu n’étais plus de ce monde
Silencieuse
Je t’ai pris les deux mains
Toi
Si familière
Ton regard à la lisière
Quelque chose nous séparait
Pour la première fois
Cette chose t’emportait
Je résistais
Nous deux
Seules dans cet immense réfectoire de la maison de retraite où tu vivais malgré toi
Depuis quatre années
Bien trop longues
La vie collective
Tu ne t’y es jamais faite
Nous étions là
Ensemble
Sans l’être
Enfermées
Au cœur de cet après midi de juillet
Dans ce no man’s land
Nos mains enlacées
Tu étais loin
Très loin
Incommensurable distance
Comme en partance
Je ne voulais rien savoir
Tes deux mains ont serré les miennes
Tu m’as caressé les paumes
Et puis soudainement
Comme un miracle des peaux
Tes mots
« Oh !
Les poèmes
Oh !
Les poèmes »
Je les avais écrits
Tu les avais lus
Le fil qui te ramenait
Le souvenir de cette poésie transformait ton regard
Son visage te revenait
Tu la revoyais
Elle
Et elle seule
Je la contemplais dans tes yeux
Ils brillaient
S’animaient
Tu me parlais d’elle
Hymne admirable
Douceur d’un cœur qui retrouvait sa trace
J’avais beau te dire
Qu’elle
C’était moi
Tu ne voulais rien entendre
Il n’y avait qu’elle
Ta petite fille
Comme si tu voulais que j’en sois fière
Moi
L’étrangère que tu vouvoyais
Lorsque tu l’évoquais
Ton visage s’illuminait
Ton sourire revenait
Je te retrouvais
Impossible de te dire
Les larmes du pire
Tu as ainsi continué
Et puis
Tu l’as oubliée
Après un court silence
Tu es repartie
Vers un autre monde
(...)
Dans le RER qui me ramenait sur Paris
Tes mots me revenaient
Pêle-mêle
Comment allais-tu payer cette nuit d’un gîte particulier alors que tu n’avais pas un sou sur toi ?
J’avais beau te dire qu’à la résidence ils se chargeraient de tout
Tu voulais garder le contrôle de ta destinée
Par moments tu t’interrogeais
Une envie de comprendre
Là où le savoir
Et ses obstacles
Tes derniers rituels
Laissés derrière toi
Etais-ce l’heure d’aller au réfectoire ?
Entre les examens et les piqûres
Tes repères se diluaient
Tu t’y accrochais
Tu semblais soudainement regretter
Ces moments routiniers
Même ceux qui te pesaient
Comme ces dîners où il fallait se hâter pour laisser place nette au deuxième service
Ces couchers au rythme accéléré
Toi qui dans ton temps avait su pleinement savourer celui du vivant
Tu devais désormais obéir à une cadence
Elle altérait ta nature
Sans cesse
Tu prenais sur toi
Tout cela
Indéfiniment
Un poids
Dans les fissures
Tu te confiais
Ces moments où ils vous couchaient te donnaient le sentiment douloureux qu’ils se débarrassaient d’une horde de corps devenus encombrants. L’un d’eux était le tien. Tu te voyais peu à peu disparaître dans cette masse informe où le temps absorbait toutes les différences sauf celle des cheveux blancs. Les portes ouvertes des chambres recrachaient les traits d’une ressemblance à outrance. Le néant à s’y méprendre. À s’y perdre. Et pourtant chacun en ses souvenirs. Les plus enfouis ressurgissaient là où personne ne les soupçonnait.
Histoires abandonnées le long d’une voie ferrée. Interminable voyage. Chacun en son sillage. Entre les rails. Une pierre. Un infime caillou. Il portait tout. Apprendre à voir au moment où l’on ne voyait plus. Que faire ? Hurler. Comme certains le faisaient. Jeter cette pierre aux visages de ceux qu’ils croisaient ou comme toi la garder enfermée dans sa paume à serrer si fort que le silence finissait par laisser filtrer la douleur
Effacer les souvenirs
Ne plus penser à rien
Regarder devant soi
Déchirante cette page blanche
Prête à recevoir ce point final qu’une main fébrile cherchait en ses forces ultimes à travestir
(...)
20 juillet
Comme si en apparence
Plus de danger
Ce jour là
Je n’y suis pas allée
C’était le premier soir
Depuis le fameux jour
Le téléphone nous a reliées
Juste un filet de voix
Éreintée
(...)
2 août
Ce soir-là
Je lui parlais d’un poème
Qu’elle m’avait inspiré
Grand âge
La douleur du rivage
Elle a trouvé cela beau
Mais pas bon
On ne peut pas comprendre
Ce que le temps
Il faut l’avoir atteint
Il faudrait peut-être ne jamais
On ne pense pas à cela
Lorsque le souffle
Un papillon qui butine
Tout change
Le jour
Où il nous murmure
Les prémices de son départ
Le grand âge
Un mauvais présage
Son visage était recouvert d’une lumière singulière
Elle était bien
J’étais là
Même si je disais
N’importe quoi
(...)
Avant de venir la rejoindre
J’avais poussé la porte d’une librairie
Les cris d’un autre temps
Et pourtant
Ailleurs
Autrefois
Un poète
Ses mots
Comme des graines
Sur mon chemin
« Dans notre prochaine existence
nous nous garderons bien d’être
homme ou femme
nous serons deux oies sauvages
volant haut
les neiges aveuglantes
les poussières rouges du monde
nous les regarderons de loin
comme si nous n’y étions
jamais tombés »
Le poème de Nguyen Khac Hieu
Racontait
Une kyrielle d’histoires
Toujours la même
J’avais tant envie de le lui lire
Et nos pas silencieux
La douleur du néant
(...)
Tous droits réservés | Michèle Gautard